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Schleckerbartl, schleckerpartl, Schleckerbarthel



jemandem Rübchen schaben, Geste der Verspottung


Wortart: Anderes
Tags: veraltet
Kategorie: Zwischenmenschliches Veraltet, Historisch
Erstellt von: Koschutnig
Erstellt am: 15.08.2017
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Kommentare (2)


Wann wurde aus dem Schlecker Barthel ein "schleckerpatzl"?
aus den Wolken, die die Verborgenen decken, gucken kleine Liebesgötter und schaben der Diana das Rübchen):
Schlecker Barthel! Diana! (Trompeten und Paucken.)
source: Joachim Perinet, Der Baum der Diana. Eine travestirte Oper in drey Aufzügen für das k. k. privil. Theater in der Leopoldstadt (1813)
Und nach Waterloo wortspielerisch in Knittelversen:
Sehr selten gab er's Fersengeld
Wer glaubt dieß, der ihn kannte?
Doch als die liebe Christenwelt
Schon 1815 zählt
Kam's ihm doch in die Füße.[...]
Doch für die ganze Bransch'
Hat Deutschland doppelt nun Revansch'
Nichts "Bona - - Schleckerbarthel!"
source: Anonym, Wundervolles Leben und erstaunliche Thaten ... (1816)
Schleck-schleck! oder schleckaba'tl! Ruf, wenn man jemanden wegen einer Unannehmlichkeit, die ihn getroffen hat, auslacht und dabei den Zeigefinger der einen Hand mit dem andern streicht.
Jetzt können wir den Bonaparti freilich ein Schleckpartl machen Eip. 34, 26.
source: Jahres-Bericht des kais. kön. Ober-Gymnasiums zu den Schotten in Wien (1861)
Sophie.
Stehen Sie auf, ich verzeihe Ihnen. Pardon, im Nahmen aller Mädchen!
Dasig (schreyt).
Nein, Euer Gnaden, lassen Sie ihn noch eine Weile knien. Er hat's verdient. Schleckerbartl!
source: Adolf Bäuerle. Das Haus der Laune. Original-Lustspiel in drey Acten
(1821)

Koschutnig 15.08.2017


Damals oft erzählt:
Woher der Ausdruck „Schleckerbartl“ stammt.
Unter den Vertheidigern Wien's während der Türkenbelagerung 1683 zeichnete sich der
Zischmenmacher Barthl Milokowitz in ganz eigenthümlicher Weise aus. Mit einem ungarischen Säbel bewaffnet, tödtete er zahlreiche Feinde; so oft er jedoch einem Türken den Kopf spaltete, rief er: "Schleck - er Bartl."
Dieser Zischmenmacher starb 1729, beinahe 100 Jahre alt, in einem Hause des Schlossergäßchens in Wien. Der Ausdruck "Schleckerbartl" aber, der durch ihn bekannt geworden war, hat ihn überlebt. Noch heutzutage, wenn das Volk in Deutschösterreich irgend etwas vergeblich Unternommenes verspotten will, gebraucht es den Ruf "Schleckerbartl", wobei bekanntlich manchmal auch die Zeigefinger kreuzweise aneinander gerieben werden.
source: St. Pöltner Bote. 6. Jg., 4. Jänner 1866
von dem Tschischmenmacher Bartholomäus Milokowicz (gest. in Wien am 9. Juli 1729, alt 99 Jahre) wird erzählt, dass er viele Türken getötet und bei jedem seiner Schlachtopfer die kernigen Worte 'Lecke er den Bartl' geschrieen habe. Da er als geborener Ungar schlecht deutsch sprach, hatte solches wie „Schlecker-Bartl" gelautet, welcher Ausdruck bis heute noch sprichwörtlich geblieben, wenn man sich spottend über etwas vergeblich Unternommenes äußern will.
source: Moriz Bermann, Alt- und Neu-Wien. Geschichte der Kaiserstadt und ihrer Umgebungen (1880)
Castelli hat diese Mär offenbar nicht geglaubt, sonst hätte er das Wort orthografisch anders gestaltet:
Schlekabartl! ein Ausruf den man gebraucht, wenn man Jemanden ein Rübchen schabt
source: Ignaz-Franz Castelli, Wörterbuch der Mundart in Österreich unter der Enns (1847), S. 244
Wohl aber wurde sie in 2 Wiener historischen Romanen verarbeitet:
Der eben Geschilderte war ein ehrsamer Czismenmacher, ein Ungar von reinstem Wasser, Namens Batholomäus Milokowitz, der jedoch weit und breit, seines Sprichwortes, das er ewig und immer im Munde führte, wegen, der Schlecker-Barthl "genannt wurde. (Dieser Redeausdruck hat sich bis auf die heutigen Tage erhalten und bedeutet im echt Wienerischen eine Art Abtrumpfung als Antwort.]
source: Anonym, doch zugeschrieben
Louis Mühlfeld (d.i. Moriz Bermann), Prinz Eugen und der Geisterseher. Roman, Bd. 1, (1872), 7.Capitel. Die "Rumor-Leni" beim Bratlgeiger

und - nicht nur in dieser Passage beinah identisch - hier:
Der eben Geschilderte war ein ehrsamer Czismenmacher, ein Ungar von reinstem Wasser, Namens Batholomäus Milokowitz, der jedoch weit und breit, seines Sprichwortes, das er ewig und immer im Munde führte, wegen, der "Schleker-Barthl " genannt wurde.
source: Franz-Enevold Brandt, Wie die Leopoldstadt zu ihrem Namen kam. 2. Capitel. Beim Bratlgeiger (1875), S. 17



Gibt's überhaupt schon ein Schleckerpatzl im 19. Jh.? Vielleicht im Steirischen? In Wien offenbar nicht:
Loisl (weinend): Der Herr da oben sagt, dass ma nimmer spiel'n därf'n!
Madame Gans (entrüstet): Wer kann eng verbiet'n z'spiel'n? Wer untersteht si, meine Kinder so z'sammz'schimfen? [...]
Papa Gänserich (in den Hof hinabrufend): Spiel di nur Loisl! Und wann d'r wer was sagt, so sag's nur mir; dem werd' schon i's nachher sag'n –
Madame Gans (ergänzend): [...] Blas nur, Loisl! Schenir' di und fürcht' di nöt, du hast es nit nöti!
Loisl: Oe! Oe! Oeoeoeoe! Schleckerbart! Schleckerbartl! Oe!
Chor der Freunde Loisl's: Oe! Oe! Schleckerbartl! Oe!
Papa Gänserich (lachend): A kecker Kerl, der Bua! a Mordschlanckl! Jetzt reckt er gar die Zungen heraus! ...
source: Friedrich Schlögl, „Wiener Luft“. Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der alten Kaiserstadt an der Donau (1876)
Der trojanische Krieg. Komischer Vortrag von Th. H. [...]
Was, schreit der Agamemnon kampfbereit, -
schämst du dich nit für Griechenlond, für unsere Leut', -
Trojaner werden unser Griechenlond verlochen,-
e Schleckerpartl werden se herübermochen
source: Johann Ludwig Weber, Wiener Singspiel-Halle (1875)

Koschutnig 15.08.2017



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